„Das Glücksgefühl, wenn ich Herausforderungen bewältigt habe“
„Wechselschicht und brutale Demonstrationen: Es war eine heftige Zeit.“ Nach der Ausbildung zum Polizeibeamten in Stukenbrock und dem Dienst im Mobilen Einsatzkommando in Bonn folgten der Wechsel in das Elektrohandwerk mit Ausbildungen bis zum Meister und die Übernahme der elterlichen Firma im Jahr 1990. „Die Übernahme mit der damit verbundenen Verantwortung war sicher ein Einschnitt“, resümiert Ulrich Köller, Geschäftsführer von Elektro Köller in Oelde.
Seither stellt er sich allen Vorteilen und Tücken der Selbstständigkeit und zieht das Fazit: „Manchmal steht auch samstags und sonntags Arbeit an, doch gibt das freie Arbeiten eine innere Befriedigung. Du bist abhängig von vielen Faktoren, kannst aber Entscheidungen treffen. Am meisten Spaß bereiten die Kontakte, dass man thematisch neugierig sein darf und die Anerkennung für gute Leistungen. Wichtig sind zudem die Familie und der Rückhalt des Partners.“ Die Aufträge, die er durch mündliche Weiterempfehlungen bekomme, seien nicht zu unterschätzen. Entscheidend für den Erfolg seien umfangreiche Fachkenntnisse, Fingerspitzengefühl, Kontakte, die Zufriedenheit der Mitarbeitenden und die Bereitschaft, kommunikativ zu sein.
Doch auch so manche Hürde galt es zu bewältigen. „Ein großer Kunde hat Insolvenz angemeldet. Das war eine Hausnummer. Wenn dir so viel Geld auf dem Konto fehlt, ist das eine unangenehme Zeit“, erzählt Köller. Auch sei es wie ein Schlag in den Nacken für ihn gewesen, als ein guter Mitarbeiter abgeworben worden sei, sprichwörtlich seine rechte Hand. „Wir hatten ein super Verhältnis. Gute Mitarbeiter aufbauen, das dauert sehr lange. Im Elektrohandwerk decken wir alle Sparten ab, die man im Installationshandwerk anbieten kann. Auf einige sind wir spezialisiert“, erklärt Ulrich Köller.
Wir können kaum nachkommen. Auch hier fehlt Personal. Eine Folge des Fachkräftemangels ist, dass wir in der Branche noch nie solch hohe Preissteigerungen hatten“
„Ich kenne keinen Handwerker in Oelde, der nicht noch qualifiziertes Personal sucht“, schildert der Geschäftsführer die aktuelle Personalsituation. Aktuell stark nachgefragte Produkte seien Wallboxen. (Ladestation für Elektroautos zur Befestigung an einer Wand oder Säule). Das Bild zeigt Kunde Arndt Hackenholt (l.) mit Jonas Köller. „Wir können kaum nachkommen. Auch hier fehlt Personal. Eine Folge des Fachkräftemangels ist, dass wir in der Branche noch nie solch hohe Preissteigerungen hatten“, erklärt er.
Zukunftsorientierten Entwicklungen wie Digitalisierung und dem papierlosen Arbeiten stehe er positiv gegenüber, doch sei sein Sohn Jonas hier noch aufgeschlossener unterwegs und arbeite an einem Konzept. Jonas habe die Weiterbildungen zum Meister des Handwerks und zum Betriebswirt absolviert und sei nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Berlin vor drei Jahren zurückgekehrt. Praktische Erfahrungen habe sich sein Sohn zuvor bei der Haver & Boecker OHG angeeignet.
Ein weiterer Meister im Betrieb ist Harald Günnewig. „Hans, hast du eine Lehrstelle für meinen Sohn?“, habe seinerzeit sein Vater den Vater des heutigen Geschäftsführers Ulrich gefragt. Mittlerweile sei Günnewig 39 Jahre Mitarbeitender im Unternehmen Elektro Köller.
„Elektrische Schaltkreise haben mich schon in der Schule fasziniert“, erklärt Harald Günnewig und er ergänzt: „Die Fächer Physik, Mathematik und die Elektro AG: Die waren einfach meine. Dieses Interesse war eine gute Voraussetzung für den Beruf.“
Nach der Lehre seien die Aufgaben und Anforderungen größer geworden. „Das erste Einfamilienhaus selbst zu installieren: Das macht stolz und zufrieden. Ist es dann das Mehrfamilienhaus, wird das Objekt größer und komplexer“, resümiert er. „Wir im Handwerk setzen uns mit dem Ganzen auseinander. Wir haben Wissen in der Bandbreite und nicht nur Inselwissen.“
Für einen jungen Gesellen sei es eine besondere Aufgabe, eine Sprechanlage in einem Mehrfamilienhaus zu verdrahten. Heute sei er als Meister für Besprechungen zuständig und es sei eine Herausforderung, das Ganze zu sehen. Zum Beispiel, wenn man in der Industrie tätig sei. „Da stehen zehn Leute vor einer defekten Maschine und wollen mit der Arbeit beginnen.“ Oder auch rund um moderne Technik wie einem intelligenten Haus, wenn eine Schaltung mit dem Laptop programmiert werde. „Alles ist punktgenau in Zusammenspiel mit allen beteiligten Handwerkern zu koordinieren“, erklärt er. Noch immer komme ein Glücksgefühl auf, wenn ein großes Objekt fertiggestellt sei.
Doch frage Günnewig sich auch: „Warum ist das Interesse für den handwerklichen Beruf nicht höher?“ Einen Grund sieht er in der besseren Bezahlung in manch anderen Bereichen. „Mir sind in den 39 Jahren auch Jobs angeboten worden und trotzdem bin ich im Handwerk geblieben“, erklärt er und nennt den Grund: „Bei diesen Jobs wäre das Kribbeln weggewesen – das Glücksgefühl, wenn ich Herausforderungen bewältigt habe. Inselwissen hätte ausgereicht.“