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Ein Blog von Anne Grieskamp

Festival für Arbeit und Zukunft: Einblicke

Der Tag des Festivals für Arbeit und Zukunft mit seiner Eröffnungszeremonie in der Elbphilharmonie bis zu den Abendstunden auf der Terrasse des NEW WORK Harbour (Xing): 150 Speaker*innen inspirierten mit ihren Veranstaltungsformaten und Inhalten 2.500 Besucher*innen für die New-Work-Arbeitswelt.

Impulsgebend soll dieser Beitrag und seine Fortsetzung mit Informationen und Einblicken sein:

  • Wie bewegen sich Generationen am Arbeitsmarkt?
  • Welche Historien haben sie und welche Anforderungen und Erwartungen?
  • Welche Faktoren erleichtern ein Aufeinander-Zugehen, das Motivation und Freude vermittelt – an Arbeit und Zukunft?
  • Welche Themen bewegen zukunftsorientiert?

Als ich morgens um kurz vor 8 Uhr vor der Elbphilharmonie in Hamburg stehe, weiß ich noch nicht, was mich erwarten wird an diesem Tag im Juni auf der NWX23, dem größten Festival für Arbeit und Zukunft im deutschsprachigen Raum. Meine erste Begegnung – Personalerin bei einer deutschen Aktiengesellschaft– wird kurz vor Mitternacht bei einer gemeinsamen Taxifahrt auch die letzte sein. Dazwischen: Beste Stimmung, vielfältiges Netzwerken, spannende Themen und tolle Eindrücke.

Die Gründe, hierher zu kommen, zeigen sich so vielfältig wie die Menschen mit ihren jeweiligen Geschichten – ob Studentinnen und Studenten oder Führungskräfte, Arbeitgeber*innen oder Arbeitgeber.

Etwa Tina Wernik: „Ich habe im Finanzbereich in Konzernen gearbeitet, zuletzt zwei zusätzliche Programmiersprachen kennengelernt und suche als Datenanalystin jetzt einen neuen Arbeitgeber.“

Sich gerade kennengelernt, verlassen zwei Frauen in Führungspositionen den großen Saal und äußern sich positiv nach der ersten kulturellen und informativen Veranstaltung über Eindrücke und Wissenstransfer. Sie bleiben in der Elbphilharmonie, während ich mich auf den Weg mache, um die gebuchte Keynote mit Ronja Ebeling zu hören.

Unterwegs treffe ich auf Ricarda Grefe, duale Studentin beim Hagebau und heute Helferin. „Ich hatte vor, einen Vortrag zu besuchen, aber er war leider ausgebucht“, erzählt sie.

Ronja Ebeling

Ronja Ebeling beleuchtet gesellschaftliche Entwicklungen aus der jungen Perspektive und berät Unternehmen zu Themen der jungen Generation.

Du kannst doch nicht….!“

Wie herrlich! Als Speakerin Ronja Ebeling in der NWX-Location „NEW WORK Harbour“ einen Auszug aus einem ihrer Bücher liest, beschreibt sie eine Situation mit ihren Eltern bei einer gemeinsamen Mahlzeit daheim. Generation Babyboomer und Generation Z.

Ronja Ebeling konnte und sie hat: zunächst ihr Studium abgebrochen und später ihre Festanstellung aufgegeben für den Sprung in die Selbstständigkeit. Heute ist sie freie Journalistin, Autorin ((Bücher: „JUNG, UNBESORGT, UNABHÄNGIG“ und „WORK RELOADED“), Podcasterin, Gründerin von „TEAM OF TOMORROW“ und Unternehmensberaterin zum Thema Generation Z, Geburtsjahre 1996 bis 2009.

War sie in der Woche zuvor noch der Einladung von Markus Lanz in die Sendung des ZDF gefolgt, so steht sie am Tag der NWX23 unter anderem vor Berufseinsteigern.

„Ich wollte raus in die Welt und wusste, dass ich Kohle brauchte“, erzählt sie rückblickend. Als junger Mensch habe sie unter anderem einen Job angenommen, der unter Gleichaltrigen als cool gegolten, in dem sie jedoch wenig Wertschätzung erfahren habe. In einer Fleischerei bei einem Putzjob habe sie viel Wertschätzung erfahren.

„Bodenständigkeit erdet mich“, betont Ronja Ebeling.

Spätestens an dieser Stelle erinnert sie mich an Frithjof Bergmann, Gründer der NEW-Work-Bewegung, der als junger Mensch in verschiedenen Jobs tätig und noch im Alter von 90 Jahren ein gefragter Interviewpartner war. Er appellierte an nachfolgende Generationen, sich auszuprobieren. Seine Überzeugung war, dass Menschen am besten arbeiten, wenn sie etwas „wirklich, wirklich wollen“.

Plausibel klingt für mich, wie sie anhand eines eigenen Beispiels Kompetenzaufbau erklärt mittels Verlassens der Komfortzone und dem Durchleben von Angst-, Lern- und Wachstumszone. Vermutlich haben es schon alle Anwesenden erlebt und doch gefällt mir ihre anschauliche Darstellung:

„…also habe ich eine Sparringpartnerin bekommen, die den technischen Part übernommen hat und ich konnte in meinem redaktionellen Bereich vollends in der Wachstumszone schwimmen.“ Sie appelliert an junge Menschen, den eigenen Skills zu vertrauen, diese herauszufinden und nennt Beispiele, wie vorgegangen werden könne. Sie betont: „Es gibt eine Bring- und eine Holschuld. Seid auch bereit, euch gegebenenfalls pro-aktiv mit einem Lösungsvorschlag einzubringen.“ Zuhörer*innen treten an sie heran mit Fragen und sie gibt auf die jeweilige Problematik abgestimmte Tipps – beispielsweise: „Schreib mal auf, wofür du in der Vergangenheit gelobt worden bist. Was hat dir Freude bereitet?“ Eine Möglichkeit könne sein, eine Sicherheitsinsel zu bauen mit einem guten Job in Teilzeit, dort Leistung zu zeigen, und die andere Zeit für den Herzensbereich zu nutzen.

Von einem Freelancer lasse ich mir noch seine Kameraausrüstung erklären und eine junge Arbeitnehmerin erzählt: „Der Vortrag hat mich inspiriert. Er hat mir sehr gut gefallen.“

In der Mittagspause setze ich mich draußen bei Sonnenschein zu Ina van Goer von der Firma Fiege Logistik Stiftung Co. KG. Sie wartet auf eine Kollegin. Erstaunt stellen wir fest, dass unsere Arbeits- und Wohnstätten nahe beieinander liegen. „Ich arbeite für ein modernes Unternehmen in einer ländlichen Region. Es ist ein Logistikdienstleister mit vielen jungen Mitarbeitenden“, erzählt sie.


Tobias Jost, Geschäftsführer von KARRIEREGURU:
„Arbeiten müssen wir alle so oder so. Warum dann also nicht geil machen?“

Mit 16 Millionen Aufrufen monatlich gilt er als erfolgreichster Influencer Deutschlands zu Jobthemen.

„Frag den Karriereguru“ lautet das Motto, mit dem Tobias Jost auf dem Festival für Arbeit und Zukunft vor sein Publikum tritt.

„Fragen sind ein mächtiges Instrument, das wir besitzen“, resümiert er. Ein guter Wortschatz könne in kritischen Situationen helfen und mittels geeigneter Fragestellung zur Lösungsfindung beitragen.

Er empfiehlt, sich schon in jungen Jahren mit Kompetenzen aufzuladen, an der eigenen Sichtbarkeit zu arbeiten und unternehmerisch zu denken. Beliebtheit sei auch ein Faktor für Karriere.

„Mich erreichen jeden Tag etwa 1.500 Kommentare und 300 bis 400 Fragen“, informiert er. So erläutert er an diesem Tag Fragen, die ihm häufig gestellt werden und beantwortet Fragen aus dem Publikum. Auch ein Expertenstatus und ein gutes Netzwerk seien Voraussetzungen für Erfolg. Er erklärt: „Je größer das Wissen und das Netzwerk, desto größer dein Marktwert“, und er betont: „Daran kannst du arbeiten.“

Er habe in einer Firma erlebt, dass gegen den Arbeitgeber gearbeitet worden sei. Das sei ihm unbegreiflich.

Er fasst Erwartungen zusammen, die er häufig lese und betont:

„Es ist ein Riesentrugschluss, dass es funktionieren kann, mit wenig Arbeit viel Geld zu verdienen.“

Bei ihm sei es intrinsische Motivation gewesen.

Spannende Einblicke gewährt er hinter die Kulissen seiner Arbeit – etwa, als er über seinen Umgang mit Kommentaren erzählt, mit Stress oder auf die Frage, wer sein erster Mitarbeiter gewesen sei. „Bei meiner ersten Firma kam jemand aus meiner Community auf mich zu und hat gefragt: „Kann ich dich unterstützen? Ich brauche auch kein Geld.“ Heute sei er ein Fulltime Angestellter. Sein Team bestehe aus 15 Mitarbeitenden.

Er verrät, dass auch er in Situationen komme, die Überwindung bedeuten. Dann sei sein Antrieb, die Komfortzone zu verlassen, um in die Wachstumszone zu kommen.

Als er mich nach einem persönlichen Gespräch im Anschluss mit meinem Vornamen verabschiedet, gibt es mir das Gefühl: Er, der mit seiner Persönlichkeit und seiner Kompetenz generationenübergreifend Millionen Menschen überzeugt, überzeugt auch durch Aufmerksamkeit und Bodenhaftung.


„Schön, dass du da warst!“ Der nach eigenen Worten ehemals wilde und verrückte Fußballer Neven Subotic, der im Überfluss gelebt habe, nimmt sich Zeit. Zeit für Fotos, Autogramme und persönliche Worte.

Am Herzen liegt ihm heute seine im Jahr 2012 gegründete Stiftung – zu einer Zeit, als er noch als Profifußballer beim Borussia Dortmund aktiv war.

„Klar, man ist angesehen, weil man Fußballer ist. Man ist auch Vorbild für Jüngere. Man hat enorm viel Geld. Einen sinnvollen Weg finden – das konnte ich mit 17 bis 20 Jahren noch nicht, aber ich habe dann Freunde gefunden, die mir geholfen haben, die Welt durch andere Perspektiven ein bisschen besser einzuordnen.“ Eine Freundin habe Philosophie studiert. „Das war für mich etwas komplett anderes als das, was ich jeden Tag in der Fußballkabine geboten bekommen habe.“

Auch wenn mal etwas schiefgelaufen sei, sei er immer von dem Anspruch getrieben worden, Experte auf seinen Gebieten zu sein. Er macht deutlich:

Es ist ein Unterschied, ob ich sage: Ja, das ist ein Job. Den will ich machen.

.…oder ob ich sage: Ja, das ist ein Job. Den will ich herausragend machen!

Als Neven Subotic aus dem Publikum gefragt wird: „Was muss man mitbringen, um in der Neven-Subotic-Stiftung zu arbeiten?“, lautet seine Antwort:

„Wir haben einen hohen Arbeitsanspruch. In unserem Sektor ist es so, dass Projekte nach etwa zwei Jahren zu knapp 50 % scheitern. Wir sind getrieben davon, es von Herzen und besser zu machen – und auch Kritik an uns selbst zu üben.“

In ihrem Talk mit ihm erklärt Anika Gottschalk aus dem Xing News Team: „Im Fokus steht die Sicherung der Lebensgrundlagen in Ostafrika. Die Stiftungsfamilie setzt sich für das Menschenrecht auf Wasser und Sanitärversorgung ein.“

Auch in seinem noch bestehenden Netzwerk aus der aktiven Profi-Fußball-Zeit seien einige, die die Stiftung (2023 umbenannt auf „well:fair foundation“) unterstützten, doch damit nicht an die Öffentlichkeit gingen, erklärt Neven Subotic auf Nachfrage.

„Schön, dass du da warst!“ Dass er seinen Fans aus der Zeit als aktiver Profi-Sportler unvergessen geblieben ist, zeigte sich im Anschluss bei dem Interesse für Fotos und Autogramme.

Speaker Marcus Merheim; Gründer von hooman EMPLOYER MARKETING, 11 Jahre in der HR-Welt, vorher bei XING/NEW WORK SE, heute unter anderem Vorsitzender des Ressorts „Arbeitswelt der Zukunft“ beim Bundesverband Digitale Wirtschaft, und Podcaster: Viel Wissenswertes zeigt er anhand Statistiken und Folien auf und erläutert diese.

Er gibt Tipps, wie Unternehmen die junge Zielgruppe erreichen.

Aus einem umfangreichen Punktekatalog lauten einige:

  • Welche Generationen gibt es (im Arbeitsmarkt)?
  • Denk- und Verhaltensweisen der GenZ
  • Mediennutzung nach Alter
  • Erkenntnisse zur Mediennutzung – und wie diese für Arbeitgeberkommunikation genutzt werden können
  • Überblick über die relevantesten Social-Media-Plattformen der GenZ in D

Wir verbinden Menschen, die Arbeit und Zukunft gestalten wollen, weil sie an sinnstiftende Tätigkeiten und motivierende Umfelder für alle glauben.

nwx.new-work.se

Vor Beginn des Workshops zum Thema

„Gamechanger: Wie du ChatGPT und Co. für deine Jobsuche und Berufsorientierung nutzt“

mit Lars Hahn und Martin Salwiczek von „LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH“ erhalte ich noch einen Tipp von Rosemarie Thiedmann.

Sie ist selbst Speakerin und Autorin rund um Themen zu New Work, doch hier sitzt auch sie im Publikum.

„Wenn ich von einem Wandel auf dem Arbeitsmarkt spreche, ist mir bekannt, dass sich ganz viele lost fühlen bei 1.600 Stellen- und Jobportalen augenblicklich in Deutschland“, erklärt Martin Salwiczek. Als Sozialwissenschaftler kenne er die Herausforderungen des Berufseinstiegs aus eigener Erfahrung. „Frust hatte ich auch“, erklärt er. Das Thema „How to find a job“ sei ein ganz wichtiges.

Am 30.11.2022 sei Chat GPT live gegangen. Nach bereits zwei Monaten habe der Chatbot 100 Millionen Nutzer gezählt. Anhand von Beispielen zeigt Martin Salwiczek Themenvorschläge auf. Er fragt die Zuhörerinnen und Zuhörer nach eigenen Erfahrungen. Erstaunlich viele nutzen die Künstliche Intelligenz selbst bereits aktiv. Das Fazit lautet: ChatGPT könne Zeitersparnis bewirken. Es könne ein Anschreiben vorschlagen, doch sei es wichtig, den Inhalt zu prüfen. Es fehle auch eine persönliche Note, die noch einzubringen sei.

„Bier und Beats gehen auf uns“, lautet die Einladung zum Sundowner mit Blick auf den Hafen ab 19 Uhr. Ich stehe auf der Schwelle zur Terrasse und überlege: „Eigentlich habe ich schon viele tolle Eindrücke mitgenommen und interessante Gespräche geführt. Mache ich mich auf den Rückweg?“ Der Gedanke wird schnell verworfen.